Ettringittreiben

   


Diese Seite befindet sich ab 07.11.2014 im Aufbau und enthält vorerst vorwiegend Auszüge aus www.betontreiben.de/Aktuelles. Am 16.02.2015 wurde der Abschnitt August 1988 - Juni 1990 eingefügt.

15.02.2009:         „Volksvermögen“ Schadschwellen

Im Februar 2009 begann der ein Jahr zuvor angekündigte Umbau der ICE-Strecke Hamburg-Berlin (dpa-Meldung vom 26.02.08). Einige Redaktionen wurden bei ihren Recherchen auf frühere „Alkalischäden“ im Werk Rethwisch „zu DDR-Zeiten“ und auf den „Sand“ hingewiesen, der sich mit den Inhaltstoffen des Zementes „nicht verträgt“. Daß 1982 eine sechsjährige Schadensproduktion abgestellt wurde, wird in solchen Verlautbarungen nicht mitgeteilt, auch nicht die durchgängige Verwendung von Kiessand Rethwisch unter wechselndem Zusatz von Brechprodukten (s. [4] in „Quellen“). Die längste Zeit über sind langzeitbeständige Schwellen produziert worden.

Das nebenstehende Diagramm veranschaulicht das stoffliche "Wechselbad" der Dauerbeständigkeit bzw. die baustoffchemische Schadensverursachung und -behebung
N = Nordprovenienz (Rethwisch), S = Südprovenienz (Güsen);
d = geschädigt (Güsen ab 1973; Rethwisch ab 1976),
nd = ungeschädigt (Güsen >1983, Rethwisch ab Nov. 1981)



Hier die Marksteine für Rethwisch:
  • 1954 - 1975 O. K., Kiessand als Betonzuschlag war der örtlich vorkommende (erhöht alkaliempfindliche), Zement war Coswiger Zement (alkaliarm und unempfindlich gegenüber hohen Betondurchwärmtemperaturen).

  • 1976 bis einschl. 05. Jan. 1982 sind frühere Schadensjahrgänge. Kiessand als Betonzuschlag war weiterhin der örtlich vorkommende (erhöht alkaliempfindliche), Zemente (alkalireich, mit z.T. doppelt so hohem Alkaligehalt) stammten aus neuen Technologien des Zementkombinates. Das potentiell reaktive Quellverhalten bestimmter Komponenten des Kieses wirkte sich nun betonschädigend aus (stoffliche Schadensursache), durch erhöhte Wärmebehandlungstemperaturen trat zusätzlich die späte oder sekundäre Ettringitbildung ein (stofflich-technologische Ursache), also im erhärteten Beton, beide Reaktionen finden unter üblichem Zutritt von Feuchte während der Freibewitterung im Nutzungszustand der Schwellen statt, manchmal schon im Lagerstapel.

  • 1981: Gutachten des Autors (im Rahmen der Dienstaufgabe, Thema „Alkalireaktionen im Beton“, Institut für Baustoffe Weimar der Bauakademie Berlin) für Rethwischer Schwellen. Umstellung auf Coswiger Zement ab 07.01.1982 gemäß Forderung aus dem Gutachten vom 11.01.1981, zur Überbrückung auf MKZ Wolfen ab 30.10.1981 [4, S. 20, rechte Spalte; ergänzt am 30.09.2011] (s. oben). Kiessand als Betonzuschlag war weiterhin der örtlich vorkommende (erhöht alkaliempfindliche).

  • 1983, am 26.05., fand im Betonwerk Rethwisch eine Beratung über den weiteren Umgang mit dem betriebseigenen Zuschlag statt, besonders im Hinblick auf die Schwellenproduktion, aber auch wegen der jährlichen Auslieferung an das Bauwesen in Höhe von 500.000 t Kiessand. Durch petrografische Auslese verdächtiger Komponenten aus 2 t Rohkies und die anschließende Untersuchung an Hand dotierter Zuschlaggemische durch Bearbeiter der Geologischen Forschung und Erkundung Schwerin stellten sich 8 kg statt angenommener 1 bis 2 kg mobilisierbarer SiO2-Menge pro Tonne Kies heraus, die auf stark verkieselte Kreide zurückzuführen war, diese wiederum vorwiegend aus gebrochenen Siebrückständen der betriebseigenen Aufbereitung, ein Effekt, der durch das IfB 1980 z.B. an den opalsandsteinführenden Kiesen von Perniek-Neukloster festgestellt worden war (in Richtung der feineren Fraktionen nimmt das weiche reaktive Material ab, während es in Block und Stein im Originalanteil mit abgelagert wurde). Mit Rücksicht auf die inzwischen gewährleistete Versorgung mit Coswiger Zement (s. o., 1981) und den Verzicht auf gebrochenen Kies wurde die Produktion weiterhin stabil betrieben.

  • 1984, am 01.03., teilt der Technische Direktor des Betonwerkes Rethwisch dem Autor im IfB mit, daß das Institut für Entwicklung und Rationalisierung des Eisenbahnwesens USTAV VYVOJE A RACIONALIZACE ZELEZNICNIHO STAVEBNICTVI, Brno (Sumavska 33), als langjähriger Partner des Schwellenwerkes Rethwisch wegen ähnlicher Erscheinungen an CSSR-Schwellen einen Kontakt mit dem IfB wünscht. Mit Schreiben vom 05.03.1984 folgte die Präzisierung des Wunsches einer möglichen diagnostischen Unterstützung an Hand von Schwellen-, Zement- und Zuschlagproben sowie an Hand des Erscheinungsbildes für den Termin am 07.05.1984, und zwar unter Teilnahme der Gäste (Frau Dipl.-Ing. Ludmila Votousova und Herrn Dipl.-Ing. Zdenek Sahanek) und ihrer Betreuer (Frau Dipl.-Ing. Hannelore Sens, Neubrandenburg, und Herrn Doz. Dr.-Ing. Dietrich Conrad, HfV Dresden). Die Bohrkerne stammten aus netzrissigen Spannbetonschwellen; in der Nebelkammer entwickelten sich Alkalisilikathydratgel-Ausscheidungen, die (Rest-)dehnungen lagen bis 18.09.1984 (erster Teilbericht, M. Otte) noch im Bereich der Feuchteausgleichquellung. Nach der Chemischen Kurzzeitprüfung (analog ASTM C 289-71) des Kiessandes 0/4mm (Tovacov, 12 km südlich von Olomouc) ergaben sich für Rc = 27, für Sc = 54 mmol/l, also eine geringe Überschreitung des GW bei Sc. Für den am 07.05.84 übergebenen SPC 325-Ladce wurden im IfB 0,68 M-% Na2O-Äquivalent bestimmt, was trotz eines Zement-Einsatzschlüssels von 500 kg/m³ Beton nur zu 3.400 g wirksamer Alkalien/m³ Beton führt, eine für eine betonschädigende AKR recht unwahrscheinliche Menge. Zieht man aber einen Zement PC 400 heran, für den die Besucher in der Beratung Alkaligehaltwerte in Höhe von 1,02 M-% Na2O-Äquivalent angegeben haben, würden 5.100 g/m³ Beton resultieren. Da nicht mit Sicherheit angegeben werden konnte, welcher Zement zum Einsatz kam, kann man mit einiger Sicherheit den zuletzt genannten annehmen. Für die weitere Planung der Gemischkomponenten war diese Situation natürlich nicht optimal. Als Zuschlag wurde noch Dolomitsplitt verwendet, der jedoch nicht als Probe vorlag; die Ausscheidungen während der Nebelkammerlagerung der Bohrkerne entwickelten sich jedoch vorwiegend im Bereich der Splittkörner. "Die Gäste erhielten vom IfB auf besonderen Wunsch eine Literaturzusammenstellung, insbesondere zu Publikationen über Schwellenschäden bzw. reaktive Dolomitzuschlagstoffe (VR Polen, CSSR, USA, Frankreich", aus Protokoll vom 11.05.1984). Eingefügt am 31.03.2015.

  • Am 06.10.1986 wird in der Weisung Nr. 123/86 der Staatlichen Bauaufsicht Berlin u.a. für Schwellen festgeschrieben: PZ 1/40 A (identisch mit NA der alten BRD) und die Einhaltung der Grenze von 75 °C Betonkerntemperatur. Damit war die Forderung des Autors der Website von 1981 (für Rethwisch) und von 1983 (für Güsen) amtsseitig fixiert. Die T-Begrenzung wäre bei Einsatz dieser Zemente erfahrungsgemäß nicht notwenig gewesen (später schon).

  • ab 07. Januar 1982 (sogar ab 30.10.1981) – mindestens 1991 O. K., also rund 30 Jahre insgesamt, wurden dauerhafte Schwellen produziert, die Schadensproduktion dauerte somit sechs Jahre – in allen drei Phasen (stabil, instabil, stabil) kam als Kiessand der örtlich vorkommende zum Einsatz! Die Schwellen liegen z.B. mehr als 25 Jahre ungeschädigt.

  • Als Altlast - die Schadensproduktion BS 66 (Güsen ab 1973 bis zum Gutachtenjahr 1983) eingerechnet - wird vom Autor in [4] mit 3.274.000 t angegeben. Für den für die Betonherstellung eingesetzten Zement wurden 693.445 t Kalkstein entsäuert, dies entspricht einer klimakritischen Plusbilanz von 305.115,75 t CO2. Der Ersatz dieser Schwellen durch eine Produktion mit MKZ, wie in beiden Gutachten vom Autor dieser Website 1981 und 1983 gefordert, erfolgte in bezug auf das Bindemittel klimaneutral. Die Schäden sind alkaliseitig - auch in anderen Betonerzeugnissen - durch Einsatz von Normenportlandzementen aus dem Trockenverfahren ursächlich ausgelöst worden. In Verbindung mit der Verfahrensentwicklung durch das WTI Burgau, die thüringische Bauhochschule, das Zementwerk Göschwitz (Pilotanlage), SKET und Zementwerk Nienburg/Bernburg (Einführung ab 1962) wurde die Betonindustrie ungebremst durch eine drastische Erhöhung wirksamer Alkalien betroffen. Eine Information durch Überwachung der Alkalien im Zement erfolgte nicht. Einfügung dieses Abschnittes am 14.11.14. Obwohl den betroffenen Bereichen der Betonfertigung seit September 1979 bekannt, erfuhr der Autor dieser Website die Entwickler erstmalig in einem öffentlichen Vortrag (eines ehemaligen leitenden Mitarbeiters des WTI Burgau) am 29.10.14 (eingefügt am 03.12.14).



    Streckennetz der Deutschen Reichsbahn, Schadenserfassung

    Streckennetz der Deutschen Reichsbahn, Schadenserfassung, aus [4], rechts Großraum Berlin.

  • (Einfügung vom 16.02.2015): Im August 1988 meldete ein stellvertretender Jochmontageplatz-Leiter aus Fürstenberg neue Mängel an Spannbetonschwellen des Lagerplatzes (s. Bilder). Bereits am 08.08.1988 erteilte der Verkehrsminister der Hauptverwaltung A (Anlagen) der DR einen Untersuchungsauftrag an Typen BS 65, BS 66, BS 78 und BOS (Bockschwelle für die Berliner S-Bahn); eine Besichtigung/Kontrolle hatte bereits am 03.08.88 begonnen und wurde bis 10.08.88 fortgeführt an Jahrgängen 1984 (BOS), 1985 (BS 78, BS 66), 1986 (BS 78, BOS, BS 65, BS 66), 1987 (BS 66, BS 65) und 1988 (BS 66, BS 65, BS 78), und zwar auf JMP (Fürstenberg, Fredersdorf, Königsborn, Hohenbocka) und in Gleisen (S-Bahngleis Bln.-Hauptbf. - Erkner in Rummelsburg sowie Erkner - Hauptbf.; Thyrow - Trebbin; Bf. Rahnsdorf). Im Bericht der DB, Reichsbahnbaudirektion, Technische Kontrollorganisation (eingegangen im IfB Weimar der Deutschen Bauakademie Berlin am 17.08.88) wird über die Kontrolle von 6.000 Schwellen in der Zeit vom 03.08.88 bis10.08.88 mitgeteilt: "Die Risse sind zumeist parallel zur Schwellenachse angeordnet, sie treten vereinzelt als auch gehäuft sowie verästelt bzw. netzförmig auf. Das Auffinden der Risse war teilweise nur mit einer Lupe möglich." Sie sind zwischen 10 und 100 mm lang, mit Hauptanteil 10 bis 30 mm und 0,05 bis 0,15 mm tief. Bereits kurz danach, am 04.10.88, teilt das Wissenschaftl.-Technische Zentrum der DB mit, daß eine Auswirkung auf die Tragkraft der Schwellen und die zu erwartende Lebensdauer daraus nicht abgeleitet werden kann (Anl. 2 vom 03.10. S. 2). Diese Einschätzung stammt vom Arbeitsgruppenleiter RHR E. Leipold, WTZ der DB, WB EA 1, Zentrum für Eisenbahnanlagen und Bautechnologie Magdeburg, vom 19.09.1988, dem Institut für Baustoffe Weimar der Deutschen Bauakademie Berlin am 06.10.1988 zugestellt.
              
    BOS I-2 vom 18.11.1983 auf dem JMP Fürstenberg am 11.08.1988; Markierung durch JMP-Angehörige. Foto Hempel.BS 66 vom 31.12.1987 auf dem JMP Fürstenberg am 11.08.1988; Markierung durch JMP-Angehörige. Foto Hempel.


              
    BS 66 vom 31.12.1987 auf dem JMP Fürstenberg am 11.08.1988. Foto Hempel.Ausschnitt aus linkem Bild. Netzrisse im Bereich dee erhärteten Zementleims (im dunkleren Bereich); im helleren Bereich: Abreicherung während der Rüttelverdichtung. Foto Hempel.


    Dieser Vorgang führte zu einer sofortigen Einladung und Besichtigung vor Ort und zur Meldung des Verkehrsminsiters an den Minister für Bauwesen. Zusammen mit den Beobachtungen Anfang Oktober 1986 an BS 66 (Produktionszeit 2. Hj. 1983) auf dem Glasower Damm, Gleis 4, des Berliner Außenrings bei Waßmannsdorf, wurde vom Verkehrswesen ein umfangreiches Untersuchungsprogramm durchgesetzt (s. [4, S. 25f und 32f]), organisiert und kontrolliert vom "Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates und Minister für Wissenschaft und Technik" (Dr. Herbert Weiz, vorm. VEB Carl Zeiss Jena) gemäß dem "Beschluß des Politbüros des Zentralkomitees der SED vom 06.09.1988". Bereits am 20.09.88 fand hierzu die Beratung der "Zentralen Arbeitsgruppe zur Fortführung der Untersuchungen für die Gewährleistung einer qualitätsgerechten Produktion von Spannbetonschwellen für die Deutsche Reichsbahn" statt mit der Festlegung 1. von zehn Arbeitsaufträgen, darunter Direktor des Instituts für Baustoffe für die Aufgabe 1.10 "Prüfung des Langzeitverhaltens der Schwellen mit Rißbildungen und Abplatzungen sowie Beurteilung ihrer Einsetzbarkeit" und 2. Terminvorgaben für sechs Berichterstattungen bzw. Informationen: 2.1 "Beratung und Berichterstattung zum Stand mit Festlegung weiterer Aufgaben und Maßnahmen" unter Vorsitz von Dr. Weiz, T.: 04.10.88, 3. "Beratung und Ergebnis der Tätigkeit der Arbeitsgruppe und zum Entwurf der Information an das Politbüro des ZK der SED" unter Vorsitz von Dr. Hilbert, Stellvertreter des Ministers für Wissenschaft und Technik, T.: 20.10.88, 4. "Fertigstellen der Information an das Politbüro und Abstimmen mit Gen. Pöschel, Wöstenfeld, Trölitzsch, Arndt und Junker", verantw.: Dr. Weiz, Arndt, Junker, T.: 04.11.88, 5. "Einreichen der Information an das Politbüro", verantw.: Dr. Weiz, T.: 10.11.88. Kurz danach teilte Staatssekretär Martini den Beteiligten mit, daß der Bericht nicht dem Politbüro, sondern dem Ministerrat zu übergeben ist (Ergebnisvorlage im IfB beim Direktor: 28.12.1988).

    Parallel wurde eine Expertengruppe des Forschungsrates der DDR berufen aus Hochschulvertretern TU Dresden (2 + einmal Hochschule für Verkehrswesen), Cottbus und Leipzig. Von diesen Lehrstühlen werden z.T. ausführliche Grundlagenberichte mit Akzent Wärmebehandlung vorgelegt. Alles in allem erkennt man auch einen Wettbewerbstrend beim politischen und wissenschaftlich-technischen Leistungs- und Verantwortungsnachweis. Es fehlte auch nicht an schnellen Lösungsvorschlägen (z.B. Einsatz von aschekonjugiertem PZ 9/40 A oder Gründung eines eigenen Instituts für Betonforschung im Verkehrswesen). Die Expertengruppe des Forschungsrates hat am 22. und 23.09.1988 die beiden Werke und den Jochmontageplatz Fürstenberg besucht, am 26.09.88 Festlegungen getroffen und am 05.10.88 einen 15-seitigen Bericht mit insgesamt 20 Seiten Anlagen vorgelegt. Im ersten Ergebnispunkt wird den Chemiezementen die Garantie für ein inzwischen 20- bis 30-jähriges Alter der Spannbetonschwellen bescheinigt und das Eintreten der Schäden eindeutig auf einen für die Herstellung der Schwellen unter den gegebenen technologischen Bedingungen ungeeigneten Zement zurückgeführt. Dieser Startpunkt des umfangreichen Schadensumfanges wird mit 1972 angegeben.

    Darin befinden sich drei Fehler: 1. Die Schadensproduktion durch Zementumstellung beginnt in Güsen, und zwar ab Herstellungsjahr 1973, 2. in Rethwisch ab 1976, 3. sind es in der Folgezeit der Schadensproduktion verschiedene Zemente aus verschiedenen Neuwerken (es sind also die von den Schwellenwerken längst offengelegten Materialzuläufe nicht beachtet worden). In den anschließenden Zeilen wird mehrfach "bis 1972" und auch "ab 1972" verwendet. Im zweiten Ergebnispunkt des Berichtes des Forschungsrates wird die 1983 verfügte Wiederverwendung der Chemiezemente genannt, die aber nicht zu den gleichen Ergebnissen geführt habe wie bis 1972. Deshalb müsse nun auch nach Eigenschaftsänderungen bei den Zementen Coswig und Wolfen sowie in thermisch-hygrischen Konsequenzen der Regimeführung sowie in der vibrationsbedingten Bindemittel-Feinstmörtelanreicherung an inneren (Größtkorn) und äußeren Grenzflächen (schalungsglatte Seiten) gesucht werden.

    Hierin tauchen weitere Fehler auf: 1. wurde das Gutachten des Autors dieser Website zwar am 20.04.83 (nach Begutachtung vor Ort am 13.04.83) abgegeben, 2. wurde aber dem betroffenen Werk Güsen in der Auswertung des Gutachtens und der Bilanzsituation noch eine "gemischte Übergangszeit" zugebilligt (obwohl im Gutachten steht: wenn weiter mit Bernburger Zement gefertigt wird, werden neue Schäden folgen; das genau waren dann die 1986 auf dem Berliner Außenring/Glasower Damm vorgefürten Schadschwellen von 1984), und 3. wird weiter unterschlagen, daß in Rethwisch erst mit Produktionsjahr 1976 Chemiezement (Coswig) abgelöst wurde (beobachtet im Frühjahr 1980, Anlieferung von 16 Bohrkernen im November 1980 aus Schwellen des Berliner Außenringes bei Wriezen (s. Bild des Bahnnetzes, der andere Schadensabschnitt lag bei Wittenberge) für den Autor dieser Website durch Herrn Dr.-Ing. Conrad, HfV Dresden, zusammen mit dem Untersuchungsauftrag des Werkdirektors des Werkes Rethwisch (Datum: 29.10.1980). Das Gutachten mit Forderung nach Rückumstellung auf Coswiger Zement wurde am 11.01.1981 abgegeben (am 29.04.1981 in einer Beratung in der Staatlichen Bauaufsicht des Verkehrswesens, Berlin, Stellingdamm, vom Autor und von Herrn Dr. Conrad, HfV Dresden, nochmals bekräftigt; Protokoll Dipl.-Ing. H. Pfeifer vom 05.05.1981, TOP 3), führte aus Bilanzgründen zu Irritationen (vor allem mit der Staba des Ministeriums für Bauwesen mit der auch später wiederkehrenden Behauptung von Schwindrissen, TOP 4 des Protokolls) und konnte erst am 17.09.81 in einer "bewegten" Beratung, zu der das Verkehrswesen eingeladen hatte, durchgesetzt, aber erst ab Ende Oktober 1980 realisiert werden (am 17.09.80 hatten die Bohrkerne in der Nebelkammer bereits eine Dehnung von 7 mm/m erreicht und stark Gel ausgeschieden, die Ursache "AKR" durfte auf Weisung des Vertreters der Staba des MfB im Protokoll eines Bahnbeamten nicht vorkommen). Ein Anruf beim Gutachter hätte die falschen Prämissen im Bericht des Forschungsrates verhindern können; ein Kontakt zu diesem oder einem anderen Zeitpunkt fand nicht statt. Der Gesamtbericht endet jedoch mit einer wertvollen Anlage 5 (Prof. Dr.-Ing. H. Schmidt) mit einer Auflistung der 1988 gültigen Standards und Vorschriften. Durch die falsche Weichenstellung zu Beginn des Berichtes der Expertenguppe des Forschungsrates wurde die angeordnete Suche nach Gründen angeblich neuer Schäden verstärkt.

    Anfang 1988 erhielt der Autor im Rahmen der schon mehrjährigen Kontakte und Untersuchungsaufgaben den Auftrag von beiden Werken, Bohrkerne aus Schwellen der laufenden Produktion auf Dehnungspotential zu untersuchen. Zum Zeitpunkt der vom JMP Fürstenberg ausgehenden Aktivitäten (s. oben) war bereits klar, daß die Dehnung die Feuchteausgleichquellung von 0,20 bsi 0,30 mm/m nur bis 0,50 mm/m übersteigt. In der nach August 1988 einsetzenden "heißen" Untersuchungsphase wurde dem Autor in der eigenen Einrichtung untersagt, diese Ergebnisse in die Aufklärungsarbeit einzubringen; in diesem Sinne galten sie als inoffiziell. Analog zurückhaltend verhielten sich die auftraggebenden Werke. Durch die umfangreichen, staatlich ausgelösten Untersuchungen wurden aber auch das Frost-/Tauverhalten (IfB Weimar und Außenstelle Leipzig der Bauakademie), das dynamische Verhalten (Pulsatorprüfung, DR, WTZ Magdeburg-Rothensee) und die Druckfestigkeiten (Institut für Stahlbeton des Betonleichbaukombinates Dresden) bestimmt und ausgewertet [4, S. 35].

    Das Verkehrswesen konnte mit Mitteln der üblicherweise weit (bis 25 Jahre) gespreizten Oberbauerneuerung (also durch notwendigerweise früheren Rückbau mit unsicherem Anteil an wiederverwendbaren Schwellen) und des Reparaturfonds nicht mehr Schritt halten. Das Bauwesen hat baustoffliche Gründe der Schwellenschäden jedoch wiederholt verdrängt: 1. bei der abwehrenden Haltung gegenüber dem ersten Gutachten (Rethwisch betreffend) vom 11.01.1981; rechnet man eine notwendige Rückkehr zu Coswiger Zement ab Februar, ergibt sich bei einer Jahresproduktion in Höhe von 100 Mio. M bis zur endgültigen Realisierung (November) ein Schaden in Höhe von 75 Mio. M (reine Schwellenschäden) und 2. für die Verzögerung von der Gutachtenvorlage vom 20.04.1983 für Güsener Schwellen, großzügig gerechnet ab Juni als Termin der notwendigen Realisierung der gutachterlichen Forderung und bei einer Jahresproduktion in Höhe von 150 Mio. M bis einschl. Ende 1984 (nach Mitteilung des Direktors des Werkes Güsen ist die Produktion erst 1995 vollständig bindemittelbereinigt) ein Schaden in Höhe von 237,5 Mio. M, insgesamt ergibt sich ein Schaden in Höhe von 312,5 Mio. M. Hinzu kommt der Aufwand für die zyklische Schwellenkontrolle des gesamten Netzes und für die Arbeiten ab September 1988 (Werkversuche Rethwisch, Pulsatorprüfungen in Magdeburg-Rothensee (s. [4, S. 35]), sowie für die Suche nach Schadschwellen bestimmter Jahrgänge im Gleisnetz, auf JMP und ggf. in den Werken). Wäre nach dem 11.01.1981 und dem 20.04.1983 nur die Hälfte der seit August 1988 tätigen politischen Akteure aktiv gewesen, hätte dieser Zusatzschaden vermieden werden können. Noch besser wäre dies 30 Jahre früher gewesen, als das Trochenverfahren kurz vor der Einführung stand. Daß es einen opalhaltigen glaukonitischen Eozänsandtein - alias Opalsandstein - gibt, war damals schon 20 Jahre bekannt (s. H. Schumann, Göttingen (1940/41): Ein mecklenburgischer Glaukonitsandstein.- Chemie der Erde).

    Laut "Versuchsprogramm zur weiteren Untersuchung von Spannbetonschwellen zur Aufklärung der Haarrißbildung" vom 09.09.1988 (IfB Weimar) gem. Politbürobeschluß vom 06.09.88 waren folgende Schwellen zu untersuchen (lt. Wissenschaftl.-Technischem Zentrum der DR vom 03.10.1988 sind 1983 - 1988 4,57 Mio. Schwellen eingebaut worden, darunter 500.000 mehr BS 65 als BS 66; 72.203 Schwellen wurden kontrolliert; DB Berlin, a.a.O., 03.10.1988, gez. Bremer, Rb-Hauptrat, Direktor des WTZ der DR):

    Stück Werk Jahrgang Kriterium Probenanlieferung
    20
    20
    20
    20
    Rethwisch
    Rethwisch
    Rethwisch
    Rethwisch
    1988
    1988
    1983/84
    1983/84
    ohne Haarrisse
    mit Haarrissen
    ohne Haarrisse Ausbau aus Gleisen
    mit Haarrissen Ausbau aus Gleisen
    Bohrkerne am 11.11.1988 angeliefert (für IfB)
    Bohrkerne am 11.11.1988 angeliefert (für IfB)
    Bohrkerne am 11.11.1988 angeliefert (für IfB)
    Bohrkerne am 11.11.1988 angeliefert (für IfB)
    20
    20
    20
    20
    Güsen
    Güsen
    Güsen
    Güsen
    1988
    1988
    1986
    1986
    ohne Haarrisse
    mit Haarrissen
    ohne Haarrisse
    mit Haarrissen
    Bohrkerne am 22.12.1988 angeliefert (für IfB)
    Bohrkerne am 22.12.1988 angeliefert (für IfB)
    Bohrkerne am 22.12.1988 angeliefert (für IfB)
    Bohrkerne am 22.12.1988 angeliefert (für IfB)
    Schwellen (Jg. 1988) mit und ohne Risse von Jochmontageplätzen, vom Lagerplatz der Werke oder aus Strecken (d.h. insgesamt Schwellen aus drei mikroklimatisch unterschiedlichen Gebieten):

    • BS 65 Bahnhof Wildpark bei Potsdam, Jg. 1981; Bahnhof Sandersleben bei Hettstedt (allerdings Jg. 1977)

    • BS 66 Strecke Gößnitz - Crimmitschau, Jg. 1881; Strecke Gößnitz - Gera, Jg. 1982; JMP Königsborn, Jg. 1982

    • Außerdem sind Bohrkerne aus den Schwellen BOS I-2 (18.11.1983) aus Rethwisch und von BS 66 vom 31.12.1987 aus Güsen mit aufgenommen worden.


    Die Ergebnisse sind in [4, S. 33] zusammengestellt. Die Jahrgänge 1983/84 und 1988 bei BS 65 sowie die Jahrgänge 1986 und 1988 bei BS 66 sind ungefährdet, desgl. die BOS I-2 (18.11.83). Die maximalen Restdehnungen sind 17 mm/m (BS 65) und 22 mm/m (BS 66) aus der Schwellengruppe der Montageplätze, Werklager bzw. Strecken (1977, 1981, 1982, statt gewünscht 1988). Manche Kurven der Restdehnung stiegen bis 540 d, also bis Ende Juni 1990 an. Die Dehnwerte der hinterfragten Jahrgänge lagen etwa um die Feuchteausgleichquellung (FAQ). Damit war auch die qualitätssichernde Rolle der Zemente aus Coswig und Wolfen zum Zeitpunkt der Währungsunion und drei Monate vor der Wiedervereinigung trotz der im August 1988 aufgetretenen Zweifel bewiesen. Dennoch gerieten die Chemiezemente bald ins Blickfeld der Zementindustrie. Es hatte sich auch die sehr früh - intern - geäußerte Vermutung bestätigt, daß es sich um Schwindrisse handelt.
              
    Bohrkern-Dehnungsdiagramme (Nebelkammerlagerung) von Schwellen BS 65 und Bockschwellen (Rethwisch, aus [4]).Bohrkern-Dehnungsdiagramme (Nebelkammerlagerung) von Schwellen BS 66 (Güsen, aus [4]).


    Bereits am 17.10.88 wird in einem Festlegungsprotokoll des Staatssekretärs Martini über die Beratung zur weiteren Arbeit an der Untersuchung der Ursachen für die Rißerscheinungen vom 14.10.88 auf die Ergebnisse der 2. Beratung der Zentralen Arbeitsgruppe vom 10.10.88 (im Ministerium für Wissenschaft und Technik) verwiesen und für vier Versuchsreihen im Werk Güsen unter a) die Einheitsbedingung 55° C Bedampfungstemperatur vorangestellt. Unter Pkt. 3 der sechsteiligen Aufgabenstellung wird von der Bauakademie eine Recherche über den internationalen Stand ... verlangt. "In diese Untersuchung sind ausgewählte, führende Industrieländer einzubeziehen." (beauftragt wurde das Institut für Baustoffe Weimar), T.: 30.11.1988. Gemäß Pkt. 1.1 vom 20.09.88 hat das Verkehrsministerium einen ähnlichen Auftrag übernommen und am 04.10.88 darüber an den Staatssekretär Wissenschaft und Technik berichtet und , die Begrenzung auf 55° C Betonkerntemperatur betont (Bremer, Rb-Hauptrat, Direktor des Wissenschaftl.-Technischen Zentrums der DR). Im Fachbereichstandard "Spannbetonschwellen für Gleise ...", Technische Bedingungen", 33 500/03, Gruppe 152 517 (Nov. 1989), wird unter sonstiger Bezugnahme auf VS 96/87 und VS 215/88 der Staatlichen Bauaufsicht die Betonkerntemperatur auf 60° C begrenzt (S. 2). Der Standard war vom Ministerium für Verkehrswesen am 06.11.1989 geprüft und ab 01.09.1990 verbindlich. Am 13.03.1990 erhielt die "Bauakademie der DDR, Institut für Baustoffe Weimar, Dr. Hempel", vom "VEB Industriebeton Magdeburg, Betrieb des Betonleichtbau-Kombinates, Werk Güsen", den "Auftrag zur Zuschlagstoffgemengeoptimierung für Spannbetonschwellen B 70/Betonwerk Güsen" in Vorbereitung der Übernahme durch WTB Augsburg.

    In einer 15 A4-Seiten umfassenden Vorlage für das Politbüro des ZK der SED vom 18.11.88 vom Ministerium Wissenschaft und Technik, dem Bericht der Zentralen Arbeitsgruppe über die Untersuchungsergebnisse (Dienstsache Nr. 16), wird weit gefächerte Betonforschung proklamiert, glücklicherweise aber an den Chemiezementen festgehalten. Zusätzlich wird die internationale A-Zementqualität (< 0,60 M-%) bei maximal 3.000 g wirksamer Alkalien/m³ Beton festgelegt. Mit Einladung des Ministers für Bauwesen vom 31.01.89 für eine Beratung am 03.02.89 "in Auswertung des Beschlusses des Politbüros des ZK vom 17.01.1989" ist unter Vorsitz des Staatssekretärs des Ministeriums für Bauwesen über die Lage der Qualitätsproduktion und über den Stand der Versuchsdurchführung gemäß Programm vom 21.08.1988 zu berichten (Direktor des Betonwerkes Güsen). Zu dieser Situation wurde dem Autor vom Institutsdirektor des IfB handschriftlich mitgeteilt: "Die Politvorlage ist von Martini als unbrauchbar zurückgewiesen worden. Ich fand sie nicht so schlecht. Dr. Weiz hat gegen die Kritik von Martini nichts eingewandt." Eine Neufassung sollte wissenschaftliche Zusammenhänge verständlicher darstellen. Die Überarbeitung fand in Dresden statt, hierzu weiter handschriftlich der Institutsdirektor, der wegen Verhinderung nicht selbst teilnehmen konnte: "Denke bitte daran, daß es wiederum vorrangig um taktische Winkelzüge geht." ... "Vermeide eine Konfrontation!" ... In der o.g. Annahmeverweigerung ist die Klärung der Machtverhältnisse zwischen den beiden Staatssekretären erkennbar, zu Ungunsten des Verkehrswesens, für das sich Dr. Weiz unmittelbar nach der Mängelanzeige mit Nachdruck eingesetzt hatte.

    Am 10.10.88 mußte der Autor dieser Website in Vertretung des Institutsdirektors des IfB an der Beratung bei Dr. Weiz teilnehmen, allerdings mit der Weisung des Institutsdirktors "Zurückhalten, keinen Streit anfangen, auch wenn teilweise Unsinn geredet wird." In der nächsten Beratung, 21.10.88, hat wieder der Institutsdirektor teilgenommen und in seiner Mitschrift festgehalten: "Trend spürbar, Coswig und Wolfen in den Blickpunt zu rücken, wir opponieren dagegen nicht!" (beide Vorgaben erhielt der Autor dieser Website handschriftlich). Dies war für die Beibehaltung der langzeitstabilen Produktion ein gefährlicher Tiefpunkt, zumal sich die Rückumstellung auf Chemiezement in Güsen seit 1984/85 - mit anfangs noch tolerierter Belieferung aus Werken des Zementkombinates (aber mit maximal 1,05 M-% Na2O-Äquivalent) - und in Rethwisch seit Ende 1981 für Neuschwellen bewährt hatte. Gefährlich war in dieser Situation auch die Bemerkung im Protokoll vom 28.11.88 einer Zwischenverteidigung der Staatsplanaufgabe ZF 10.00.25370 der ADW Berlin, "Untersuchung zur Beeinflussung der Porenlösungen im Beton", am 22.11.88 im Zementkombinat Dessau: "Der "Chemiezement" entzieht sich dem direkten internationalen Vergleich, weil nur in der DDR nach diesem veralteten Verfahren (der Schwefelsäuregewinnung!) Zement produziert wird." (S. 4 des Protokolls), was allerdings die Einführung des PZ 9/40 A in die Schwellenproduktion favorisieren sollte.

    In dieser Zeit wurden Anliegen der Werke, wenn sie von diesen ausgingen, im Rahmen nahezu zehnjähriger Partnerschaft gemeinsam behandelt. So fällt z.B. eine Beratung über die stofflich-technologische Sicherheit des Schwellenbetons genau in diese sensible Phase, ausgehend von der "geplanten Erweiterungsinvestition Fertigungslinie BS 78 Halle 4 im Betonwerk Rethwisch", im Institut für Baustoffe Weimar der Deutsch. Bauakad. Berl. am 31.01.1989 (Teilnehmer der DR-Verwaltungen und Bauaufsicht des Verkehrswesens sowie Vertreterin des Werkes Rethwisch und der Autor; Protokoll: Herr Dipl.-Ing. Jürgen Saenger, 02.02.1989). Insbesondere wurde die Fortsetzung der Produktion mit Coswiger Zement entsprechend den bisherigen Erfahrungen festgeschrieben, allerdings auch mit Bezug auf die Einsatzgefährdung für Chemiezemente nach den turbulenten Diskussionen über die Befunde des JMP Fürstenberg (Eine solche Zusammenkunft in bewährter Runde war wie ein festes Widerlager inmitten von Pendelstützen). Wichtig war auch die Begrenzung des Kiessandes auf maximal 4 mm Korndurchmesser, wenngleich ein höherer Anteil an Kieselkreide mit zunehmender Korngröße durch die Zementchemie neutralisiert bleibt, so sollte späteren Änderungen vorgebaut und vor allem auch die lästige Häufung von frostbedingten Ausplatzungen an den schalungsglatten Seiten der Schwellen vermieden werden. Natürlich wurde dadurch die unwirtschaftliche Zufuhr von Fremdmaterial (meist Splitt) verstärkt; daß die Festlegung lange eingehalten wurde, sieht man z.B. am "Zweikorngefüge" der Schwellenbohrkerne aus Straßenbahngleisen am Rand Berlins (linkes Foto nach Temperaturdiagrammen). Für Güsen (Lagerstätte Zerben) wurde wegen einer Einstufung von 8/16 mm Rundkorn gem. Alkalirichtlinie in E II vom 13.08.1990 (Prüfzeugnis 13-8/90) vom Autor am 16.08.90 die Begrenzung auf 8 mm Größtkorn Zerben empfohlen, da mit der möglichen Erhöhung des Alkaligehaltes im Alkalireduzierten Zement von 0,80 auf 0,90 M-% Na2O-Äquivalent kritische Erhöhungen des Alkalispiegels im Schwellenbeton über 3.200 g/m³ hinaus hätten eintreten können (eingefügt am 22.04.2015).

    Diese Zeit wirtschaftsgefährdender Schädigung der Verkehrswege mit zunehmender Anzahl von Langsamfahrstrecken und zwangsweiser Entsorgung von Ausbauschadschwellen war bereits eine neuralgische Spätphase der DDR-Wirtschaft: so hat sich der Staatssekretär Martini, z.B. ab 26.05.1988, selbst um eine sinnvolle Weiterverwendung bemüht (Einbau gering geschädigter Schwellen in Nebengleise;Platzbefestigungen;Recyclieren/Verfüllmaterial/Bettungsmaterial); Abgabepreis 1 M (war ein Jahr später auch der Abgabepreis an Stollberger Firmen (Unseburg, Bützow, Berlin, Waldrena)). Ende der Einfügung vom 16.02.2015. Diese Einfügung ist in ihrer ausführlichen Darstellung auch ein Erlebnisbericht aus der Zeit unmittelbar vor der Wiedervereinigung, aber auch eine Eröffnungsbilanz, denn die BS 65 und BS 66 aus der Zeit nach den jeweiligen Gutachten (BS 65) oder nach bilanzbedingter Verzögerung (BS 66) liegen nun 35 bzw. 30 Jahre stabil im Netz.

  • Ab 1991 wurden die "Karten neu gemischt" (s. [14]). Neben den zwei genannten Ursachen (betonschädigende Alkali-Kieselsäure-Reaktion, kurz AKR, und Sekundäre Ettringitbildung, kurz SEB), die zu Netzrissen und kleinstückigem Zerfall führen, gibt es eine dritte, konstruktiv bedingte Schadensanfälligkeit: die Profilierung im Schienenauflage- (Kopf-)bereich mit den "Kerben" (Sicken), die wie Sollbruchkerben wirken und das Abscheren der „Sickenschulter“ begünstigen; tw. Wegfall der Bügel- (bzw. schlaffen) Bewehrung. Diese konstruktiven Einflüsse kamen erst mit der Bundesbahnschwelle (B 70), die vorherigen (BS 65, BS 66) hatten eine durchgehend ebene Oberfläche auf den beiden Schwellenköpfen sowie eine Bügel- (bzw. schlaffe) Bewehrung (um die Spannstähle im Schienenauflagebereich). (von hier an Ergänzungen und textliche Veränderungen am 07.12.11): Bügel (schlaffe Bewehrung) sind in den "Technischen Lieferbedingungen Spannbetonschwellen" DB-TL 918 143 des Reichsbahn-Zentralamtes (z. B. Dez. 1978) nicht vorgeschrieben [15]. Obgleich auch in der TGL 25746 "Gleisbau - Spannbetonschwellen Spurweite 1435 mm", Blatt 01 (Abmessungen), Bügel nicht vorgeschrieben sind ([16, z. B. Januar 1977]), hat das Werk Güsen (von Anfang an auch für Rethwisch geltend) in einer Unternehmens-Vorschrift ("VEB Betonleichtbaukombinat, Informationsdokumentation, Herstellungsverfahren für Spannbetonschwellen BS 66", Industriebeton Güsen, August 1983, Seite 5) Bügelbewehrung vorgeschrieben (Unterzeichner: Genrich). Gleichwohl wurde im Werk Güsen Mitte der 1990er Jahre Bügelbewehrung weggelassen (frdl. briefl. Mitteilung von Herrn Dipl.-Ing. Wolfgang Genrich vom 02.05.2009; jedoch vom gleichen Verfasser in der gleichen brieflichen Mitteilung: "Für mich war die mit einem Ringanker vergleichbare Lösung die sicherste").
Die Zusammenhänge sind also komplex, aber beherrschbar, auch für den Betriebs- und Kiesgewinnungs-Standort Rethwisch. Einem breit gefächerten Spektrum stofflich und wärmebehandlungsseitig verschiedenartig hergestellter, in den Rethwischer Niederungswiesen planmäßig gelagerter Schwellen galt zudem ein systematisches Monitoring durch das ingenieurtechnische Personal. Man hätte jedoch den "Pfad der Tugend" (umfangreiche empirische Erfahrungen und Erkenntnisse sowie laborpraktische und wissenschaftliche Ergebnisse) nicht verlassen dürfen. Unmittelbar nach der Betriebsübernahme nach 1990 wurde dieses Kapital – gegen den Widerstand der Erfahrungsträger – liquidiert. Dies war kein gutes Signal für die übliche, proklamierte Gewährleistungsstrategie. Auch die Einstellung der Zementproduktion nach dem Müller-Kühne-Verfahren (in Coswig und Wolfen) und Vergabe der Marktanteile von 600 000 t/a an Portlandzementwerke auf Muschelkalkstandort (mit alkalispendenden Mergelkalken) hat zur stofflichen Veränderung beigetragen. Es gibt also nur die Schwellen in Bahn- und Straßenbahngleisen (und ggf. Werksbahnen bzw. Anschlußgleisen) als „Langzeitversuch“.

Die Reichsbahn hat mit dem Werk und dem Autor diesen Übergang sicher gestalten wollen. Eine Weile hat der Autor deshalb die Umstellungen noch gutachterlich begleitet. Im Februar 1992 wurden auf Grund der vorherigen Erfahrungen [s. 1; 13] stofflich-technologische Parameter festgelegt (auch zur Vorbeugung gegen betonschädigende SEB). Ab Dezember 1992 wurden Versuche mit ausländischen Alternativ-Splitten und Portlandzementen sowie Erhärtungsarten (bei Wärmebehandlung vor allem auch zur Vermeidung betonschädigender SEB) durchgefürt. Ein Alternativ-Splitt konnte nach der Endauswertung im Januar 1994 favorisiert werden (später auch ein magmatischer Import-Splitt).
          
BS 65 Versuchsschwelle mit Dolomitsplitt und Kiessand Rethwisch; Versuche zur Ablösung von Coswiger Zement. Dehnungsdiagramm von 3 BK mit je 50 mm ø während Nebelkammerlagerung ab März 1993; nicht bestanden.Versuchsschwelle 626/92 mit Hartkalksteinsplitt und Kiessand Rethwisch; Versuche zur Ablösung von Coswiger Zement. Dehnungsdiagramm von 3 BK zu je 80 mm ø während Nebelkammerlagerung ab Dezember 1992; bestanden und in Serie überführt.


          
Temperaturdiagramm wärmebehandelter Schwelle mit Atlaszement; 10.06.1992.Temperaturdiagramm wärmebehandelter Schwelle mit Rüdersdorfer Zement; 16.06.1992.


          
Temperaturdiagramm normal erhärteter Weichenschwelle; 11.06.1992. Temperaturdiagramm normal erhärteter Weichenschwelle; 15.06.1992.


Bohrkerne aus stofflich ungeschädigten Spannbetonschwellen 1994er Produktion Rethwisch mit einem favorisierten Splitt und Sand aus Eigenaufkommen sowie (stellvertretend) 1995er Produktion Güsen mit Magmatit und Kies Eigenaufkommen zeigen nach der Nebelkammerlagerung keine kritische Dehnung und keine Gefügeveränderung gegenüber dem hier wiedergegebenen Foto des Einlagerungszustandes.           
Schwellenbohrkerne 50 mm ø aus BS 65 Rethwisch 1994 mit Hartkalkstein-Splitt.Schwellenbohrkerne 50 mm ø aus BS 66 Güsen 1995 mit Magmatit-Splitt.
(Ende der Ergänzungen und textlichen Veränderungen vom 07.12.11)


21.05.2009:         Alte Qualität   -  "neues Bahnexperiment" (auf wessen Kosten?)

Spannbetonschwellen-Beispiele nach Stabilisierung (ab Ende 10/1981 für Rethwisch und 06/1983 für Güsen (zunächst mit PZ aus Werken des Zementkombinates, aber < 1,05 M-% Na2O-Äquivalent, konsequent erst ab 03/1985)) und für neue Schäden (Güsen bei Magdeburg 1995 und Rethwisch-Möllenhagen 1994/1995 sowie Rethwisch-Möllenhagen 1996):


Intakte BS 66 (Güsen) 1986/87 (Straba-Betriebshof, vom Gleisbau für DB AG hier vorübergehend gestapelt). Foto: G. Hempel 17.03.09


     

BS 66 (Güsen, Variante Isolierschwelle, s. rechtes Teilbild) 1983, aus S-Bahn Berlin, Verbindungskurve Ostkreuz (Nord) – Warschauer Str., ausgebaut 2008/09 und zur Wiederverwendung gestapelt. Foto: Dipl.-Ing. M. Stoffer 08.04.09.
Da das Gutachten im Auftrag von der HVA der DR (Dipl.-Ing. E. Schmidt) am 20.04.1983 ausgehändigt wurde, können diese BS 66 erst nach der Vereinbarung von Maßnahmen zwischen Werk Güsen und IfB von 06/1983, also mit einem PZ des Zementkombinates, aber mit maximal 1,05 M-% Na2O-Äquivalent, produziert worden sein. Die endgültige Umstellung auf PZ Wolfen erfolgte 03/1985 und wurde in der Weisung 49/85 des Ministeriums für Bauwesen vom 23.05.1985 festgeschrieben.


BS 65 (Rethwisch) 1982 (unmittelbar nach Gutachten von 1981) und 1977 (einer der Schadensjahrgänge, aber mit zwischenzeitlicher MKZ-Belieferung aus Coswig, selten für die Schadensjahrgänge 1976 bis 1981), Eisenhüttenstadt, am Hochofen Va, Umfahrungsgleis. Foto: Dipl.-Ing. W. Fiebig 10.10.08


BS 65 (Rethwisch), 1987, Rangierbahnhof Wuhlheide, ehemaliges Umfahrungsgleis, aufgelassen. Foto: Dipl.-Ing. W. Fiebig 18.05.01


          

Spannbetonschwellen B70, produziert in Rethwisch 1996, Einbauzeit 2002/2003, geschädigt durch Dübelrisse. Dübelrisse, d.h. von Dübeln ausgehende Spaltrisse im Schwellenkopf und z.T. auch im Schaft (links und Mitte (=Ausschnitt)) bzw. verzweigt (rechtes Bild), Sickenschulter intakt, keine Treibrisse (rechts), tagesaktueller Umbauabschnitt vom 16.04.09 (Falkensee). Foto: G. Hempel


Spannbeton-Straßenbahnschwellen 1994/95 bei Berlin, W-Befestigung. Foto: G. Hempel, 03.11.08. Sickenriß (nach außen zur Betonquerschnittsverringerung der oberen Spanndrahtlage hin) mit Abriß der Sickenschulter (Eintrag der Vorspannung, später geändert).


Spannbeton-Straßenbahnschwellen 1994/95 bei Berlin, W-Befestigung. Foto: G. Hempel, 03.11.08. Dübelriß (von Dübeln ausgehende Spaltrisse im Kopf, tw. auch von Kopf zu Kopf).


Spannbeton-Straßenbahnschwellen Güsen 1995 (bei Berlin, Stapel auf Betriebshof), W-Befestigung (im Stapel erkennbar), keine Sickenrisse. Foto: G. Hempel, 03.11.08. Netzrisse infolge Treibreaktion (AKR u. SEB?), Mitte oben: sich verzweigender Dübelriß.


BS Güsen 1995, Dübelspaltriß, Straßenbahngleis Großraum Leipzig; keine Bügelbewehrung. Foto: G. Hempel, 23.10.1997


BS Spannbeton-Straßenbahnschwellen Rethwisch 1994/95 bei Berlin; Dübelspaltriß mit y-artiger Verzweigung (zur Betonquerschnittsverringerung, also zu den Spanndrahtenden hin): keine Bügelbewehrung. Foto: G. Hempel 03.11.2008


BS 65 Spannbeton-Straßenbahnschwellen Güsen 1995 bei Berlin (Ausbauschwellen); Dübelspaltriß: keine Bügelbewehrung. Abriß Sickenschulter (rechts hinten). Foto: G. Hempel 03.11.2008


BS 65 Spannbeton-Straßenbahnschwelle Güsen 1995 bei Berlin (Ausschnitt aus vorigem Bild); Dübelspaltriß: keine Bügelbewehrung. Foto: G. Hempel 20.06.2009


BS 65 Spannbeton-Straßenbahnschwelle Güsen 1995 bei Berlin (Ausschnitt aus vorvorigem Bild, mittlere Schwelle, Vorderende, 90° im Uhrzeigersinn gedreht; nach dem Bohren); Dübelspaltriß (Keine Bügelbewehrung); Abriß Sickenschulter; beginnende Netzrißbildung. Foto: G. Hempel 20.06.2009


Nicht zu übersehen ist der mindestens bis 1990 gehaltene Stand [14, Bild 1, S. 422]: BS 66 Güsen in der Bahnstrecke Rothenburg-Könnern-Bebitz. Foto: G. Hempel, 16.06.2000 (ist heute in gleicher Qualität anzutreffen, also nach 19-jähriger Liegezeit (vorher alkali- und SEB-geschädigte BS 65 Rethwisch, die mindestens 8, höchstens 13 Jahre gelegen haben)).


Interpretationsversuche während des Umbaues der ICE-Strecke [17, Seite 166, zweiter Abschnitt der rechten Spalte]. Die umgangssprachliche und eingebürgerte Beschreibung "bröselnde Schwellen" paßt nur auf landkarten- oder netzförmige Risse mit anschließender Steigerung bis zum polyedrischen Zerfall, wie in den folgenden beiden Beispielen gezeigt:


Spannbetonschwelle BS 66 von 1979, Güsen, Bahneinschnitt Tharandt - Edle Krone. Foto: G. Hempel 13.04.1983, aus [4, Bild II.9, Seite 22].


Wie voriges Bild, ebenfalls BS 66 von 1979 aus Werk Güsen, gleiche Strecke. Foto: G. Hempel 13.04.1983. Zur Besichtigung der Strecke mit Schadschwellen hatte der Leiter der Hauptverwaltung Anlagen Berlin, Herr Dipl.-Ing. Ewald Schmidt, eingeladen. In dem vom Autor am 20.04.1983 abgegebenen (im Auftrag der Hauptverwaltung angefertigten) Gutachten wird die Umstellung auf Wolfener MKZ gefordert und betont, daß eine weitere Produktion mit Bernburger Zement zu weiteren Schäden führt (s. auch [1]).


B 70 1994, Werksgelände Rethwisch, Spaltriß, keine stofflich bedingte Netzrißbildung vorhanden. Foto: G. Hempel 04.09.09


B 70 Rethwisch 1996, Bahnhof Güsen, Spaltrisse, keine stofflich bedingte Netzrißbildung vorhanden. Foto: G. Hempel 04.09.09. Die Bahnstrecke Güsen-Genthin wird aktuell umgebaut; eingetauscht werden Spannbetonschwellen des Werkes Güsen (s. Pressemitteilung vom 01.11.09 im "Der Genthiner". Das Brechen erfolgt auf dem Recyclingplatz der DGT Deutsche Gleis- und Tiefbau GmbH in Königsborn). Es ist gleichzeitig eine „stille“ Entsorgung der geschädigten Rethwischer Schwellen.


Die beiden letzten Bilder gehören wie diejenigen vom tagesaktuellen Umbauabschnitt vom 16.04.09 (Falkensee) zu den nicht stofflich (treibreaktions-) bedingt geschädigten Schwellen. Es ist eine Schutzbehauptung anzunehmen, die mit dem Eindruck vermischt wird, daß in Rethwisch zu DDR-Zeiten immer schon bröselnde Schwellen produziert worden seien, in Wirklichkeit sind es nur sechs von 36 Jahren Produktionszeit (s. oben). Außerdem war diese Schadensphase Ende Oktober 1981 zu Ende (s. oben). Auch die angebliche Verwendung von Ostseekies taucht wieder auf, ganz neu ist die behauptete Konkurrenzbaustelle Kanaltunnelbau. Letzteres ist nach Auskunft der DB AG vom 14.08.09 auf den beiden Pressekonferenzen am 14.11.08 in Berlin und zeitgleich in Hamburg von den Pressesprechern nicht geäußert worden. In dem sonst informativen, oben zitierten Beitrag kann dem genannten Abschnitt auf Seite 166 nicht gefolgt werden.

Die Sorgfalt, mit der die Gefahr der Spaltrißbildung vermieden wurde, zeigt sich in stofflich (durch AKR und SEB) geschädigten und ungeschädigten Spannbetonschwellen bis 1991 gleichermaßen. Obgleich Bügelaufstecken ein Nadelöhr in der laufenden Produktion darstellt, wurde auf diese schlaffe Bewehrung im Bereich der Dübel/Schienenauflage nicht verzichtet, und man hat sogar einen Automaten entwickelt [18, S. 104] und im Werk Güsen seit dem I. Quartal 1986 eingesetzt (Einsatz eines Biegeautomaten für Bügel der Spannbetonschwelle BS 66: Jaschinski, Kurt u. Walter, Helmut. Die Dokumentation hierzu hat der Entwickler, Herr Dipl.-Ing. Kurt Jaschinski, Dessau, am 25.08.09 zur Verfügung gestellt.


Dokumentation des von BEPRO Dessau speziell entwickelten Bügelbiegeautomaten.




Einzelbügel, kreisrunder, ungerippter Stahl St T-IV, 5 mm Durchmesser, Biegewinkel 5x90 Grad. Die Bügel wurden handbreit außerhalb der Dübel angeordnet (= 4 Bügel pro Schwelle) und in den ersten Jahrzehnten zusätzlich auch näher zum Schwellenschaft (= 6 Bügel pro Schwelle) sowie jeweils angerödelt. Statt Bügel auch schlaffe Bewehrung, Querbewehrung oder Ringanker gebräuchlich.




Bügelbiegeautomat.




Bügelbiegeautomat mit Auffangvorrichtung, Vorderansicht, 1,3 s/Bügel statt 3 s.




Nach Einrichtung der B 70-Fertigungslinie (Mitte 1992) konnten auch weiterhin BS 66 für bestimmte Besteller gefertigt und geliefert werden (z. B. bei Längenbeschränkung der Schwellen auf bestimmten Streckenabschnitten, z. B. Bahnhöfen). Die B 70 wird nach der WALTER-Spanntechnik (Ankerseite/Spannseite) bewehrt (Sicherung gegen Spaltrisse).
Der Abschnitt "Interpretationsversuche ..." wurde am 17.09.09 angefügt.


BS 66 nach Ausbau und längerer Freilagerung; Bügel, zweimal gut sichtbar. RbD Cottbus (Archiv Dipl.-Ing. Kraul).

Frei zugänglich sind dauerhafte Schwellen der ehemaligen Strecke Sandau - Schönhausen neben der B 107 in der Altmark südlich Klietz. Sie sind durchschnittlich 40 Jahre alt und davon 30 Jahre im Gleis gewesen. Der Rückbau (in diesem Abschnitt mit 40 000 Schwellen) erfolgte (ca. 1995) in Verbindung mit der kreuzenden ICE-Strecke. Die Stückelung über ca. zehn Jahre entspricht dem Ausbau der Strecke (mit Güsener Schwellen, Fertigungsbedingungen s. [4]). Datierung und Typenzuordnung verdankt der Autor Herrn Dipl.-Ing. E. Schmidt, Panketal, und Herrn Dipl.-Ing. W. Fiebig, Berlin. Die Schwellen sind völlig schadensfrei, dreimal älter als die im Frühjahr 2009 ausgewechselten der ICE-Strecke und nach der Aufarbeitung wiederverwendbar für weitere nachhaltige Nutzung. So hätten schon >10% des Rückbaues der ICE-Strecke 2009 eingespart werden können. Fotos: G. Hempel 28.06.09


Ausgebaute Altschwellen (Güsen) südlich Klietz an der B 107 (Altmark).



Ausgebaute Altschwellen (Güsen) südlich Klietz an der B 107 (Altmark). Die Profilierung des Schwellenfußes, auch in elliptischer Form getestet, hat keinen meßbaren Effekt erbracht und ging nicht in Serie; dies spricht auch für den genügend wirksamen, breiten Schwellenfuß (Auskunft von Herrn Dipl.-Ing. Ewald Schmidt, Panketal, August 2009. Der zeitgemäß hohe Stand der rechnerischen Durchbildung der Spannbetonschwelle und des Oberbaues sowie Dauerfestigkeitsuntersuchungen werden nachgewiesen in [19 S. 302 - 308]; damit wurde ein vorläufiger Abschluß für die BS 65 und BS 66 erreicht und die Produktion der Typen B 044, BS 62 und BS 60 eingestellt).




Realität und Legendenbildung (eingefügt am 07.12.11)
Spannbetonschwellen können aus baustoffchemischen und/oder aus konstruktiven Gründen versagen. Im Werk Güsen bei Magdeburg (Werk des Bauwesens) gab es eine Schadensproduktion von 1973 bis 1984 und im Werk Rethwisch-Möllenhagen (Werk der Deutschen Reichsbahn) von 1976 bis 29.10.1981 [4; 14] durch nachfolgende alkali- und SEB-bedingte Treibreaktionen. In den 1980er Jahren bürgerte sich seit einer Pressenotiz in Mecklenburg für Treibreaktionsschäden die Metapher „Betonkrebs“ ein, für den polyedrischen Zerfall heute allgemein „Zerbröseln“. Dieser Vorgang kann durch kein Bewehrungssystem aufgehalten werden.

Konstruktive Schadensursachen können aus fehlerhafter Bewehrung bzw. Spanntechnik resultieren, z. B. aus dem Fehlen einer Querbewehrung zur Bündelung des Spanngliedsystems. Im kritischen Fall kann der rigide Baustoff Beton Spaltkräfte nicht mehr dauerhaft aufnehmen. Die Folge sind Abscherungen (Sickenschulter der B 70) und/oder senkrechte Längsspalte im Bereich der Schwellenköpfe oder sogar von Kopf bis Kopf.

Beide Schadensursachen können auch gemeinsam auftreten. Der Autor hat beim Rückbau der ICE-Strecke Hamburg-Berlin und der Strecke Magdeburg-Berlin nur Spaltrisse vorgefunden. Die Prägung des Fertigungsjahres lautet 1996!

Doch werden z. B. in [17, „Hamburg – Berlin: Streckensperrung und Umleitungen“, S. 166 – 167] auf Grund einer von der DB AG kurz vor Baubeginn (01.03.09) abgehaltenen Pressekonferenz ausweichende Antworten der Bahnvertreter beklagt (vor allem wegen des wiederholten Einkaufes nicht dauerhafter Schwellen bei einem und auch wieder demselben Hersteller). Die Behauptung, Export hochwertigen Zementes für den Kanaltunnelbau sei schuld an den Schwellenschäden zu DDR Zeiten, hätten die beharrlichen Journalisten durchschauen können: Seit Beginn des Ärmelkanal-Tunnelbaus Ende 1988 wurden noch immer langzeitstabile Schwellen (in Rethwisch seit 30.10.1981 zunächst zwei Monate mit Wolfener, dann wieder mit Coswiger MKZ-Zement) produziert (in Güsen mit Wolfener MKZ, und zwar vollständig wieder seit 1985). Exportzemente stammten aus dem Sortiment der Normenzemente – zu denen die MK-Verfahrens-Zemente nicht gezählt wurden – und waren keine Konkurrenzlieferungen vorbei an den Schwellenwerken!

Der Bericht „Strecke Hamburg – Berlin wieder fit für Hochgeschwindigkeitsverkehr“ [20, S. 6 -10] ist vor allem ein Baustellenbericht zum Einwechseln von 260 000 B 70 aus Rethwisch-Möllenhagen (!) auf 286 km für schadhafte, 15 bis 10 Jahre alte Ausbauschwellen (darunter 60 000 aufarbeitungsfähige Schwellen) als erhebliche Koordinierungsaufgabe zur Umsetzung eines vorwiegend Einwege-Logistikkonzeptes unter Leitung von Herrn Manfred Zerahn. Die Altersangaben der Ausbauschwellen schließen die Falschangaben des folgenden Beitrages aus:

Vanessa Seifert beschreibt in „Ärger um die Paradestrecke der Bahn“ im Hamburger Abendblatt vom 24.06.2008 den Schwellen-Ärger so: „Auf der Strecke nach Berlin müssen mehrere Zehntausend beschädigte Betonschwellen aus DDR-Produktion, die im Gleisbett liegen, ausgetauscht werden.“ Bei diesen Schwellen „von einem Betonwerk aus Mecklenburg-Vorpommern“ („einer der letzten Sargnägel der DDR-Wirtschaft“) müsste es sich jedoch um Erzeugnisse aus der Zeit vor dem 30.10.1981 handeln, also um rund 20 Jahre alte Schwellen. Diese Lagerhaltung ist dem Autor weder in 10 Jahren vor noch in 10 Jahren nach der Wiedervereinigung gezeigt worden, auch nicht am 10.06.1994 während einer Werkbesichtigung. Die Ausbauschwellen dürften dann auch nicht z. B. die Prägung 1996 aufweisen. Die Journalistin hat vor allem ein einfaches Kriterium übersehen: Es gab vor der Wiedervereinigung nie B 70-Schwellenformen in Rethwisch-Möllenhagen oder Güsen, die Ausbauschwellen sind aber B 70-Schwellen. Dies wurde am 01.08.2011 vom Autor dieser Website per Email der Redaktion mitgeteilt (eine generierte Eingangsbestätigung liegt seit 01.08.2011 vor).           
B 70, produziert ab 1970, ab 1991 in Güsen und Rethwisch, ab 1992 in Coswig. Nach GFS [21] BS 65, produziert ab 1969 bis 1996 in Rethwisch. Nach GFS (2009): Schwellentechnik.- Seite 18; München, 67 Seiten.


Auch in der Kurzmitteilung von Spiegel Online, „Risse im Beton“, vom 25.02.2008 wird (im letzten Satz) von den konstruktiven Ursachen abgelenkt: „Der verwendete Sand verträgt sich laut Bahn nicht mit anderen Bestandteilen des Betons.“ Die Bahn ist also einerseits ein entschlossener Apologet des nämlichen Schwellenwerkes, andererseits findet man keine Begründung für den wettbewerbsverzerrenden Alleinvertrag.

Neulast
Auf der 286 km langen ICE-Strecke zwischen Hamburg Hauptbahnhof und Berlin Hauptbahnhof ausgebaute 260.000 B 70-Schwellen entsprachen 72.800 t Beton. Für den für die Herstellung notwendigen Zement mußten 8.377,2 t Kalkstein entsäuert werden, dies entspricht einer klimakritischen Plusbilanz von 3.685,97 t CO2. Für die 258 km lange ICE-Strecke Berlin - Hannover ( Umbau vom 11.04.2011 bis August 2011 bei 40 Min längerer Fahrzeit) ergeben sich 3.324,74 t klimakritische Plusbilanz an CO2, zusammen also 7.010,71 t.

In keinem der obigen Beiträge wird ein Bild von sog. „bröselnden“ Schwellen gezeigt und keine Kostenangabe für diesen gesamtvolkswirtschaftlichen Aderlaß genannt. Der Autor ist überzeugt, dass sich letzterer in erhöhten Bahntarifen wiederfinden wird, natürlich mit anderen Begründungen.

In der Publikation "Neue technische Lieferbedingungen der DB AG für Spannbetonschwellen" von Verfassern aus der Durtrack GmbH Möllenhagen von 2013 [22] wird auf den DB-Standard 918 143 (Januar 2012) eingegangen und darauf verwiesen, daß auch nach seinen früheren Fassungen "Alkali-Kieselsäure-Reaktionen im DB-Netz seit Jahrzehnten nicht mehr aufgetreten sind", ohne daß die ICE-Strecke ausgenommen wird. Nach dem zitierten Satz (Pkt. 2.2.1, S. 84, Ende des vorletzten Abschnittes) müßte dann auf die ICE-Strecke als Ausnahme verwiesen oder die fehlende Bügelbewehrung als Grund für die Schäden zugegeben werden (eingefügt am 17.01.2013). Ferner empfiehlt es sich, den mehrfach verwendeten Begriff  "reaktive Alkalien" (z. B. S. 83; 84) gegen "wirksame Alkalien" zu tauschen.

Nach der Mitteilung "Rund um Halle bröckeln die Schwellen" in der Mitteldeutschen Zeitung vom 23.11.12 spricht die Bahn auf Anfrage bei der Schadstrecke Halle - Stumsdorf  "nicht von Betonkrebs, sondern von Rissen, die bundesweit vermehrt in Spannbetonschwellen einer bestimmten Bauart aufgetreten seien. ... Betroffen seien Baujahre ab 1991." (eingefügt am 17.01.2013).

Das wenigstens kann Spannbetonschwellen nicht widerfahren: "Düsseldorf. Kurz vor dem Start der Wehrhahn-Linie haben Stadt und Rheinbahn mit einem kuriosen Problem zu kämpfen: Rund 400 der neuen Bahnschwellen sind von Holzwürmern befallen." "Ein Biologe bestätigte den Verdacht und empfahl in seinem Gutachten einen Austausch." (RP Online, 14.12.2015). "...Ersatz für die betroffenen Schwellen sei bereits nachbestellt, alle übrigen würden zudem mit einer Borlösung behandelt, um sie nicht mehr schmackhaft zu machen. ...Warum im U-Bahn-Holz der Wurm drin ist, ist noch unklar. Zunächst beschäftige sich die Rheinbahn mit der Problemlösung, die Ursachenforschung komme später, so Schumacher. Klar ist aber schon jetzt: Die Schwellen in den Tunneln waren extra nicht imprägniert, weil sie dort nicht vor Regen geschützt werden müssen. Der Holzwurmbefall sei beim Einbau irgendwie übersehen worden" (WAZ, 13.12.2015, Christine Halthoff), eingefügt am 17.05.16.























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